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Channel: Untreue - Rechtslupe
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Der Oberbürgermeister, die Eingruppierung seiner Referenten – und die Untreue

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Der Bundesgerichtshof hat auf Revision der Staatsanwaltschaft ein Urteil des Landgerichts Halle aufgehoben, durch das der Oberbürgermeister der Stadt Halle (Saale) vom Vorwurf der Untreue zum Nachteil des Vermögens der Stadt Halle freigesprochen worden war.

Dem Oberbürgermeister wird vorgeworfen, bei seinem Amtsantritt mit drei Personen, die als Tarifbeschäftigte in seinem persönlichen Umfeld Aufgaben in der Stadtverwaltung übernehmen sollten, Arbeitsverträge unter Zubilligung einer jeweils sachlich nicht gerechtfertigten Erfahrungsstufe abgeschlossen zu haben. Damit habe er nicht nur gegen die maßgeblichen Bestimmungen des für die Stadt Halle geltenden Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD VKA) verstoßen, sondern auch unter Missbrauch seiner Stellung als Amtsträger pflichtwidrig im Sinne des Straftatbestandes der Untreue (§ 266 StGB) gehandelt, wodurch der Stadt Halle ein Vermögensschaden entstanden sei.

Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung des Landgerichts nicht gefolgt, wonach sich die Einordnung aller drei Mitarbeiter in die jeweilige Erfahrungsstufe 5 innerhalb des dem Angeklagten durch die Vorschriften des TVöD (VKA) eingeräumten Ermessens- und Beurteilungsspielraums und damit im tariflich vorgegebenen Rahmen bewegt habe und es deshalb schon an einem pflichtwidrigen Handeln fehle.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs weist bereits die Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen der maßgeblichen Tarifbestimmung durch das Landgericht Halle unter Berücksichtigung der einschlägigen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung durchgreifende Rechtsfehler aufweist.

Die Annahme, der Oberbürgermeister habe daher nicht pflichtwidrig im Sinne einer Untreue nach § 266 StGB gehandelt, ist schon aus diesem Grund nicht tragfähig.

Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Bundesgerichtshof hat dazu von seiner Möglichkeit Gebraucht gemacht, die Sache an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen

Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Mai 2016 – – 4 StR 440/15


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